Erfolgsfaktoren für Nachhilfe

07. Okt 2013 /

Lorenz Brunner ist Coach für Mathematik bei LearningCulture. Nach dem Bachelor an der Universität Bern, hat er den Master in Physik an der ETH Zürich mit Auszeichnung abgeschlossen. Wir möchten von Lorenz wissen, wie Nachhilfe ein Erfolg wird.

Seit wann gibst du Nachhilfe in Mathematik?

Eigentlich schon immer  Professionell ca. seit 2010 – vor allem in Mathematik und manchmal auch in Physik. Meine Schülerinnen und Schüler reichten von der 4. Primarstufe bis zum 1. Semester Maschinenbau an der ETH. An der Universität in Bern habe ich darüberhinaus eine Vorlesung und ein Tutorat zum Thema Logik für Studierende durchgeführt.

Was sind die Herausforderungen in der Mathematik-Nachhilfe?

In der Schule kämpfen Lehrer häufig mit dem heterogenen Niveau der Schüler. Einzelne Schüler fühlen sich dabei vernachlässigt und es bleibt wenig Raum für individuelle Fragen. In Mathematik wird das verschärft, da eines auf dem anderen aufbaut. Für viele meiner Schüler ist das Tempo zu schnell. Zudem liegt der Fokus in der Schule vor allem auf dem Wiederholen und zu wenig auf der zugrunde liegenden Logik. Viele Schüler haben z.B. intuitiv ein Gefühl für Proportionalitäten: Ein Brot kostet 3 CHF, zwei Brote 6 Franken. Die grundsätzliche Logik dahinter verstehen aber einige in der Schule nicht.

Hinzu kommt, dass das Selbstvertrauen der Schüler gerade im Fach Mathematik oft sehr niedrig ist. Den Satz “Mathe kann ich einfach nicht” habe ich schon sehr oft gehört. Das ist dann so etwas wie eine selbsterfüllende Prophezeiung.

Was sind Erwartungen von Eltern und Schülern an die Nachhilfe?

Die Eltern haben oft sehr hohe Erwartungen und sind sehr erfolgsorientiert: in sehr kurzer Zeit sollen sich die Noten in der Schule verbessern. In Mathematik dauert Nachhilfe jedoch nach meiner Erfahrung im Schnitt ein Jahr oder länger, bevor sich grössere Notenverbesserungen ergeben.

Bei den Schülern kommt noch der Wunsch dazu, sich mit Mathematik endlich wohl zu fühlen. Generell versuche ich eine überhöhte Erwartungshaltung durch eine realistische Erwartungshaltung zu ersetzen – das nimmt Druck aus der zum Teil zugespitzten Situation und ist die Basis einer guten Arbeit. So sehr ich den Wunsch nach kurzfristigen Erfolgen verstehen kann: manchmal sind die stofflichen Lücken über einige Schuljahre entstanden und auch das Selbstbewusstsein in Hinblick auf das Fach Mathematik ist nicht sehr ausgeprägt.

Was ist wichtig, damit die Nachhilfe funktioniert?

Der Lehrer sollte natürlich fachlich sehr gut sein. Gleichzeitig sollte er Spass am Fach und an der Vermittlung von Wissen haben. Letztlich muss aber auch der Schüler wollen – sonst bringt der beste Lehrer nichts. Manche Schüler sind zu dem müde oder können sich nur schwer konzentrieren. Nicht zu viele Aktivitäten zu haben und ausgeschlafen zu sein – so trivial es klingt – sind ebenfalls wichtige Voraussetzungen. Andere Schüler haben Angst Fehler zu machen und trauen sich nicht. Sobald ein Vertrauensverhältnis entsteht, ist diese Angst aber in der Regel verflogen.

Wie läuft bei dir konkret eine Nachhilfe-Lektion ab?

Am Anfang der Lektion verschaffe ich mir einen Überblick. Was lief in der Schule? Stehen Prüfungen an? Was sind die Hausaufgaben? Gibt es Dinge, die der Schüler nicht verstanden hat? Was möchte der Schüler ansprechen? Wenn wir uns bestimmte Aufgaben anschauen, versuche ich immer Theorie und Praxis zu verbinden. Ich lasse den Schüler oft eigene Beispiele konstruieren, weil sich dann zeigt, ob er oder sie das Thema verstanden hat. Jede Lektion beginnt und endet bei mir mit Repetition. Wenn ein Schüler ein Thema wirklich verstanden hat, kann er sich oft sehr einfach daran erinnern.

Die Schwierigkeit im Unterricht besteht oft darin, zu verstehen wie der jeweilige Schüler denkt und wo Schwierigkeiten im Denkprozess liegen. Stärken zu erkennen und sie auszubauen ist ebenfalls eine Herausforderungen.

Wann ist die Nachhilfe für dich erfolgreich?

Die Noten stehen sicher ganz am Ende der Wirkungskette und sind nur der letzte Indikator. Für mich ist zunächst wichtig, dass die grossen Wissenslücken geschlossen werden. Das geht meist relativ schnell. Langfristig geht es jedoch darum, das mathematische Denken zu verstehen und selbstständig zu lernen – nur das sorgt für dauerhaften Erfolg. In der Schulmathematik ist das Ziel, ein bekanntes Schema hinter einem neuen, scheinbar schwierigen Problem zu erkennen und selbstständig auf das Problem anzuwenden. Das Wissen als Basis und die Erkenntnis “Ich kann eine fremde Aufgabe selbst lösen” führen zu Selbstbewusstsein. Positive Auswirkungen auf die Noten sind dann die langfristigen Folgen.

Was war dein bisher schönstes Nachhilfe-Erlebnis?

Es gab nicht das eine Erlebnis. Aber ich freue mich immer sehr, wenn Schüler den Zugang zur Mathematik finden und natürlich auch die Prüfungen erfolgreich bestehen. Mein Unterricht ist zwar sehr fokussiert, aber vorher und nachher haben wir sehr viel Spass. Ausserdem geniesse ich es, eine langfristige und interessante Beziehung zum Schüler aufzubauen.

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